Uhr-Lauber
Ruhe, Frieden, Relaxen, für viele ein Fremdwort
In früheren Jahrhunderten war in meiner bayerischen Heimat der Gruß des Berggehers »Zeit lassen, Nachbar«, ein sehr mahnender und sinnvoller Gruß, der nur leider heute in Vergessenheit geraten ist. Wandere ich heute durch unsere palmerischen Berge und begegnet mir der typische, unruhige Sandalentourist, dann denke ich mir oft, man sollte diesen schönen, alten Gruß auch hier für diese Touristen einführen. »Zeit lassen, Nachbar«. So wie neulich: Ich traf auf einem Wanderweg bei El Pilar auf ein Touristenpaar, um die 60 Jahre alt. Die Frau, etwas adipös, saß mit hochrotem Gesicht, völlig verschwitzt und am Ende ihrer Kräfte auf einem Stein und weinte. Ihr Mann stand mit der Wanderkarte in der Hand und redete auf die Frau ein. Beide waren leicht bekleidet und hatten Turnschuhe an. Es war schon Nachmittag und so kamen wir ins Gespräch.
Wir möchten viel erleben…
Der Mann erzählte mir, sie seien seit zwei Tagen hier, wohnten in Princess-Hotel und wollten die zwei Wochen nutzen, viel zu wandern und zu erleben. Sie seien heute Morgen nach Fuencaliente gefahren, hätten von dort zu Fuß den Aufstieg zum El Pilar gemacht (25 km, alle Achtung!) und sie wollten nun über El Paso nach los Llanos absteigen, mit dem Bus zurück nach Fuencaliente und dann zum Hotel… und das möglichst schnell (es geht ja nun bergab), denn sie wollten pünktlich zum Abendbufett im Hotel sein.
Als ich das alles hörte, da dachte ich,… – naja, ich dachte, was ich dachte. Er hatte jedenfalls von den hiesiegen Streckenlängen keine Ahnung und nun „knurrte der HP in mir”, was er sich und seiner (übergewichtigen) Frau da noch zumutet, insbesondere bei dem Erschöpfungszustand – und die kleinen Wasserflaschen waren schon lange leer. Da hat schon so mancher einen Herzinfarkt aufgrund des zu hohen Belastungsblutdrucks bekommen. Und was dann? Adé Uhr-Laub, vielleicht sogar Leben… Von wegen: La Palma ist doch „nur” eine Wanderinsel!
Falsche Kleidung und keine Kondition
Sie wollten ja „nur” wandern und sind mit einer Wanderkarte quer durch die Berge gezogen, auf den Schotterwegen, ohne Wanderschuhe. Mann… da braucht nur jemand umzuknicken und dann? Bergrettungsdienst, Ambulanz, Krankenhaus… und vorbei ist‘s mit dem Urlaub! Auch hatten die beiden weder einen Rucksack, Ersatz- oder Regenkleidung noch Windschutz dabei, und das Wetter hier kann ganz schnell einmal umschlagen… und dann? Und nun wollte der Mann über El Paso nach los Llanos absteigen (noch einmal 15 km). Ich schüttelte nur den Kopf und sagte ihnen, alles was jetzt noch geplant ist, sei völlig unmöglich, von der Entfernung, der Zeit und vom Erschöpfungszustand seiner Frau her, was mir die Frau mit dankbarem Lächeln quittierte…
Hilfsbereite Palmeros
Als wir endlich am El Pilar ankamen und es in absehbarer Zeit keinen Bus gab, hielt ich ein Auto mit Palmeros an. Ich erklärte ihnen die Situation und sofort luden sie die beiden Alemanes ein und – wie ich später am Telefon hörte, sie brachten sie sogar nach Fuencaliente zurück. Danke diesen liebenswürdigen Palmeros.
Und ihr stressgetriebenen Uhr-lauber, ihr solltet unsere schöne Insel genießen und hier ruhigen und genussvollen Urlaub machen anstatt euch Apotheken, Arztpraxen oder unser Krankenhaus für den Rest eures Urlaubs von innen anzuschauen.
Erscheinung:
La Palma Kurier #4 www.lapalmakurier.com